Mantrailing macht jeden Hund zum Helden

Immer mehr Hundebesitzer gehen in ihrer Freizeit auf Spurensuche. Beim sogenannten Mantrailing folgt der Hund dem individuellen Duft, der jedem Menschen anhaftet. Ein Frischluftabenteuer, das sich auch für Handicap-Hunde eignet. Professionell betrieben kann es sogar Leben retten.

Das wichtigste Talent für Mantrailing bringt jeder Hund von Natur aus mit: eine fantastische Spürnase. Ein Hund riecht etwa eine Million Mal besser als ein Mensch. Seine durchschnittlich 150 Millionen Riechzellen nehmen einzelne Gerüche auch noch nach Tagen und über viele Kilometer wahr. Selbst dort, wo viele Düfte miteinander konkurrieren, zum Beispiel in Innenstädten. Wow!

Kein Mensch riecht wie der andere

Für einen Hund riecht kein Mensch wie der andere. Starke Deos und süße Parfüms lenken seinen Riecher nicht ab vom feinen Duft der Gase, die entstehen, wenn sich Schweiß und Hautschuppen zersetzen. Was vielleicht ein bisschen fies klingt, zieht jeder Mensch wie ein glücklicherweise unsichtbares Band hinter sich her. Die Gaswolke ist so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck. Auf diesen persönlichen Duftausweis werden Trailer trainiert.

Profi-Trailer sind unersetzliche Partner für die Suche nach vermissten Menschen, nach dem verwirrten Senioren, der sich verlaufen hat, dem Kind, das entführt wurde, aber auch nach dem Kriminellen auf der Flucht. Amateuren – Menschen wie Hunden – bietet Mantrailing immer wieder kleine Abenteuer im Alltag, die volle Konzentration, aber nicht zwingend hohe körperliche Fitness erfordern. Und die auch Handicap-Hunden Action und Erfolgserlebnisse garantieren.

Jeder Hund hat Heldenpotential

Foto: Mantrailing Unit

„Jeder Hund eignet sich für Mantrailing“, meint Chris Boysen. Der charmant-tiefenentspannte Norddeutsche, den eine Journalistin mal sehr treffend als „Mann mit Bodybuilderstatur und der Ausstrahlung eines Waldorflehrers“ beschrieb, leitet die Hundeschule „Mantrailing-Unit“, kurz MTU, in Alveslohe. Chris bildet Hobby-Sucher nach Profi-Standards aus, als einer der Ersten in Deutschland. Chris‘ Gesicht ist DAS Gesicht der Szene. Aber die ganz große, die Hauptrolle überlässt er den Vierbeinern. Seine Devise: „Wir machen Hunde zu Helden.“ Und Chris beweist: Wirklich jeder Hund hat Heldenpotential. Unter seinen Schützlingen, mit denen er rund um Hamburg, in Trail-Urlauben auch in Trier und auf den Ostsee-Inseln Föhr und Fehmarn trainiert, finden sich der betagte Dackel ebenso wie der Schäferhund mit Hüftdysplasie oder der Mischling mit Arthrose. „Mantrailing bedeutet ruhiges, konzentriertes Arbeiten“, erklärt Chris. „Das leisten auch Hunde mit Handicap.“ Hohes Tempo kann der Schnüffler ohnehin nicht vorlegen. Schließlich muss sein Halter noch mitkommen.

Den Hund lesen lernen

Der Bloodhound gilt als Ferrari unter den Trailing-Hunden

Je trainierter der Hund, desto anstrengender wird es für seinen zweibeinigen Partner. Nicht in Sachen Kondition, sondern in Sachen Konzentration. „Ein Trailer muss seinen Hund lesen lernen, muss merken, wann das Tier unsicher wird, und dessen Kurs gegebenenfalls korrigieren.“ Wer Mantrailing trainiert, lernt deshalb, genau hinzusehen, zu lesen und zu verstehen – die Körpersprache seines Hundes, den Einfluss von Wind und Wetter auf die menschliche Duftspur. Und dass Kopfarbeit für Hund und Mensch mindestens ebenso anstrengend sein kann wie totales Muskelauspowern. Pausen sind also wichtig. Schließlich geht’s beim Hobby-Mantrailing um das Abenteuer Hundeverhalten und Mensch-Tier-Kooperation, nicht um Leben und Tod.

Prinzipiell eignen sich alle Hunde für Mantrailing, die eine Nase haben. Große, Kleine, Junge, Alte, Rassehunde und Mischlinge, auch solche, die körperlich beeinträchtig sind. Bei einem Schnuppertraining findet man sehr schnell heraus, ob der eigene Vierbeiner Spaß am Trailen hat. Das entscheidet.

Rettungshundestaffeln dulden nur sehr fitte, talentierte und motivierte Hunde mit ausgeprägtem „Finderwillen“ (das gibt’s wirklich) in ihren Reihen. Kurzschnäuzige Rassen wie Möpse oder Bulldoggen fallen in der Regel nicht in diese Kategorie. Und Asiaten wie Akita Inu oder Chow Chow bringen meist nicht den nötigen Finderwillen mit. Als Ferrari unter den Trailing-Hunden gilt immer noch der Bloodhound. Mindestens zur Porsche-Klasse zählen Laufhundrassen wie etwa die Coonhounds. Aber Achtung: Kaum ein Normalo-Hundehalter wird den Bedürfnissen dieser hochmotivierten Spürnasen wirklich gerecht.

Fitness keine Voraussetzung

Zweibeiner, die trailen möchten, sollten Freude daran haben, tatsächlich mit ihrem Hund zusammenzuarbeiten, dessen Körpersprache besser zu verstehen und aus Wind und Wetter die richtigen Schlüsse zu ziehen. Mantrailing ist eine leise, intensive, konzentrierte Arbeit. Hier ist Achtsamkeit gefragt. Das liegt nicht jedem. Aber schon Kinder lassen sich dafür begeistern. Das richtige Einstiegsalter: 12, 13 Jahre. Dann besitzen die Jüngeren die nötige Konzentrationsfähigkeit und sind gut genug zu Fuß. Körperliche Fitness hilft, ist aber keine Voraussetzung, solange man nicht professionell trailt.

Gute Adressen

Fast jede Hundeschule bietet mittlerweile Mantrailing-Kurse an. Die sicher schönste Art, um das Abenteuer auszutesten: Urlaub und Schnupperkurs miteinander verbinden, etwa auf der hundefreundlichen Ostseeinsel Fehmarn. Mehr Infos zu Trailurlauben zum Beispiel von und mit Chris Boysen findest du unter www.mtuclub.de

Grundausstattung: Das sind die Must-haves

Geschirr

Halsband ist beim Mantrailing absolutes No-Go, sonst würde man den Hund strangulieren. Also ein Geschirr. Das sollte sehr gut und bequem sitzen und eine gute Auflagefläche bieten, die den Leinenzug schön verteilt.

Schleppleine

Sie sollte dem Hund ausreichend Spiel geben. Deshalb: Schleppleine mit fünf bis zehn Meter Länge. Wenn der Hund plötzlich Tempo macht, darf sie beim „Durch-die-Hände-gleiten“ nicht die Haut verbrennen. Deshalb auf das richtige Material achten: Neben Leder sind auch Biothane Schleppleinen sehr gut geeignet.

Warnwesten für Mensch und Hund

Hunde halten sich beim Trailing nicht an Verkehrsregeln – und führen uns einfach mal 500 Meter hinter dem Zebrastreifen über die Straße. Da sollte man Autofahrern möglichst grell ins Auge fallen.

Belohnung

Mindestens für den Anfang steigert eine Fressbelohnung Spaß und Erfolg beim Training. Alle Leckerchen, die der beste Freund mag und verträgt, kommen infrage. Allzu aufgekratzten Hunden, denen Konzentration schwerfällt, helfen Leckerchen zum Lutschen.

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