Wasserrute beim Hund – ein Risiko im Frühling
Kaum ist das letzte Eis auf den Seen geschmolzen, erklären wasservernarrte Hunde die Badesaison für eröffnet. Endlich wieder planschen, schwimmen, Bälle aus den Fluten fischen. Super! Frauchen und Herrchen sollten den Badespaß aber im Auge behalten – und ihren Hund im Zweifelsfall einbremsen. Denn wenn die Wassertemperatur noch oder wieder bibberkalt ist und die Lufttemperatur eben auch nicht sommerlich warm, kann das Planschvergnügen in Flüssen und Seen manchmal unangenehme Folgen haben.
Wasserrute – Symptome, Auslöser und Behandlung
Die Symptome
Tierärztin Conny Hecker ist mit ihrer mobilen Praxis im Großraum München unterwegs, zwischen Augsburg und Landshut, Schongau und Rosenheim. In einer Region also, die reich ist an Flüssen und Seen. Jedes Jahr, vor allem im Frühling, sieht sie etliche Hunde mit diesen Symptomen: Die Rute steht nur noch höchstens eine Handbreit vom Rutenansatz ab, der Rest hängt schlaff herab. Der Vierbeiner hebt den Schwanz nicht mehr an, wedelt nur noch zaghaft mit der Spitze – und das offenbar unter Schmerzen. Auch Streicheleinheiten an Rücken und Rutenansatz scheinen ihm weh zu tun. Vor wenigen Stunden, erzählen seine Besitzer, sei er noch fröhlich durchs Wasser gepflügt. Und jetzt das.
Was ist der Auslöser?
In den meisten dieser Fälle lautet die Diagnose „Wasserrute“, auch Hammelschwanz oder Limber tail syndrom genannt. Oft tritt sie nach starker Belastung der Rücken- und Rutenmuskulatur bei kaltem Wetter auf. In vielen Fällen sind gerade Retriever und Co. betroffen, Hunde also, die bis zur Erschöpfung zum Beispiel Bällchen aus dem Wasser apportieren. Die genauen Ursachen der Wasserrute, die bezeichnenderweise auch „cold water tail“ (oder Hammelschwanz) genannt wird, sind noch unklar. „Wir gehen davon aus, dass sich durch Überbeanspruchung in Kombination mit Kälte die versorgenden Blutgefäße zusammenziehen, so dass der Muskel nicht mehr ausreichen versorgt wird. Es kommt zu kleinen Verletzungen der Muskelfasern, sogenannten Micro-Traumata“, erläutert Conny Hecker.
Was tun, wenn der Hund Symptome zeigt?
Wenn dein Hund die beschriebenen Symptome zeigt, solltest du ihn schnellstens einem Tierarzt, einer Tierärztin vorstellen. „Zum einen, weil Laien schwer einschätzen können, ob es sich wirklich ‚nur‘ um eine Wasserrute handelt oder um noch etwas Schlimmeres, etwa einen Bruch der Rutenwirbel“, erklärt Conny Hecker. „Zum anderen ist eine Wasserrute recht schmerzhaft, der Patient sollte also möglichst schnell mit Schmerzmitteln versorgt werden.“
Tierärzte verschreiben Schmerzmittel und verordnen Ruhe. Aber auch Halter können dazu beitragen, ihrem Vierbeiner Linderung zu verschaffen. „Wärme, etwa durch ein Wärmekissen, hilft, außerdem unterstützend auch pflanzliche Mittel wie Arnika oder Traumeel“, sagt Conny Hecker. Nach fünf Tagen sollte die Wasserrute abgeklungen sein, und es klappt auch wieder mit dem Wedeln.
Erkältung oder Blasenentzündung durch kaltes Wasser
Allzu ausgiebiges Planschen im kalten Wasser kann auch zu Beschwerden führen, die denen des Menschen durchaus vergleichbar sind. „Gerade kurzhaarige Hunde können sich bei frühlingshaften Wassertemperaturen schnell verkühlen und Krankheiten wie eine Erkältung oder eine Blasenentzündung entwickeln“, sagt Conny Hecker, die mit ihrem Australian Cattle Dog James selbst sehr gerne am Wasser unterwegs ist. Sie rät: Badespaß ja, aber in Maßen. Du solltest das Bad deines Hundes beenden, bevor er zittert und sein Körper damit signalisiert „zu kalt“. Zurück an Land solltest du dafür sorgen, dass er schnell wieder aufwärmt. Animiere ihn dazu, sich warm zu laufen, rubbel ihn ab und / oder bring ihn zurück ins warme Zuhause. Hat dein Hund dichtes Fell mit viel Unterwolle, achte darauf, dass er gut durchtrocknet. Anderenfalls können sich bei feuchtem Fell leicht Hotspots entwickeln, rundliche juckende Hautentzündungen, die der Vierbeiner durch Kratzen und Lecken noch verschlimmert.
Wie warm sollte Wasser sein, damit Hunde darin schwimmen können?
Doch wann ist besondere Vorsicht geboten? Wie kalt ist zu kalt? Von Hund zu Hund gibt es hier erhebliche Unterschiede. Faktoren wie Rasse, Größe und Fellbeschaffenheit spielen eine große Rolle.
Grundsätzlich gilt: Je zierlicher und kleiner der Hund und je dünner das Fell, umso wärmer sollten Wasser und Luft sein. Bei einem Rehpinscher zum Beispiel sollte die Wassertemperatur bei mindestens 17°C liegen, die Lufttemperatur bei mind. 25°C. Dagegen kann ein Neufundländer mit seinem wasserabweisenden Fell auch bei 5°C baden und friert nicht.
Wie so oft im Leben lässt sich also auch hier nur schwer pauschalisieren. Conny Hecker gibt Hundebesitzern diese Orientierungshilfe: „Ab circa 15 bis 17°C Wassertemperatur können die meisten Hunderassen bedenkenlos schwimmen. Wichtig ist, dass der Hund hinterher noch in Bewegung bleibt und sich wieder warmlaufen und trocknen kann. Dagegen würde ich bei den meisten Hunderassen nicht empfehlen, sie bei Wasser- und Lufttemperaturen von 10°C und darunter schwimmen zu lassen. Gehen die Hunde nur mit den Pfoten hinein, sind kältere Temperaturen eher unbedenklich.“
Über Conny Hecker
Die praktische Tierärztin hat an der Ludwig-Maximilian-Universität in München studiert und dann als Anfangsassistentin in unterschiedlichen Kleintierkliniken im Münchner Umland gearbeitet. Inzwischen ist sie in einer Kleintierpraxis mit Schwerpunkt Zahnheilkunde tätig und hat sich vor allem in diesem Bereich umfangreiches Wissen aufgebaut.
In München und Umgebung ist sie auch mit einer mobilen Praxis unterwegs: Das VetMobil ist ein umgebauter Rettungswagen aus der Humanmedizin mit Behandlungsraum und voll ausgestattetem Kleintier-OP. Zur Ausstattung gehört unter anderem eine vollausgestattete Zahnstation mit Dentalröntgenanlage.
In ihrer Freizeit ist Conny Hecker viel mit ihrem Australian Cattle Dog „James“ in den Bergen und am Wasser unterwegs und unterstützt die Wasserwacht.
www.das-vet-mobil.de