Pfotenpflege, aber richtig
Bei Hundepfoten ist es kaum anders als bei unseren Füßen: Wir brauchen sie für alles, was Spaß macht, für Toben, Rennen und Wandern zum Beispiel. Trotzdem kümmern wir uns meist erst um sie, wenn etwas „schiefläuft“. Dabei sollten wir ihnen schon vorher mehr Aufmerksamkeit schenken. Verdient haben sie`s.
Also schauen wir uns die Hundepfoten mal genauer an. Die folgenden Tipps und Hintergrundinfos helfen dir, schmerzende Pfoten und Schlimmeres zu vermeiden – und die Füße deines Hundes (und deine eigenen) zu feiern 😊.
Pfoten, Ballen, Krallen: Was heißt wie und wofür ist es gut?
Anders als wir Menschen laufen Hunde nur auf ihren Zehen. Das macht sie sprungkräftiger, schneller und wendiger und dämpft obendrein Stöße ab. Hundepfoten sind also so etwas wie Füße und Top-Laufschuhe in einem.
An den Vorderpfoten besitzen Hunde fünf Zehen, an den Hinterpfoten in der Regel vier. Viele große Hunderassen verfügen auch an den Hinterläufen über eine weitere Zehe, die so genannte Wolfskralle, Hubertuskralle, Afterkralle oder auch Wolfsklaue. Oft ist sie mit der Haut verwachsen, in manchen Fällen jedoch als eigenes Gliedmaß angelegt inklusive eigener Zehenknochen und Zehengelenk.
Die fünfte Zehe an den Vorderpfoten, die so genannte Daumenkralle, sitzt wie die Wolfskralle deutlich über der eigentlichen Pfote. Sie ist immer ein eigenständiges Gliedmaß mit knöcherner Verbindung zum Skelett.
Übrigens: Wölfe haben gar keine Wolfskralle.
Was leisten die Ballen?
Auf der Unterseite der Pfoten finden sich je vier Fingerballen, ein Hand- und ein Handwurzelballen. Die Ballen bestehen vorwiegend aus Hornhaut und Fett. Darum sind die Ballen gesunder Pfoten robust und trotzdem geschmeidig. Die Ballen gleichen Unebenheiten im Boden – Steine, Geröll und scharfe Felskanten – aus und schützen so die Pfoten vor Verletzungen.
Was leisten die Krallen?
Krallen funktionieren wie Stollen an Fußballschuhen. Sie sorgen für zusätzlichen Grip bergab, bergauf und auf rutschigem Gelände.
Wozu dient die Daumenkralle?
Die Daumenkralle an den Vorderpfoten ist kein Anhängsel, sondern immer ein eigenständiges Gliedmaß mit Zehenknochen und Zehengelenk, fest verbunden mit dem Skelett. Der Hund nutzt sie, um beispielsweise einen Knochen oder Stock einzuklemmen und festzuhalten.
Wozu dient die Wolfskralle?
Die Funktion der Wolfskralle gibt Forschern Rätsel auf. Die Wolfskralle berührt nie den Boden, außer wenn der Hund einen Sprint hinlegt. Manche vermuten, dass auch die Wolfskralle zur Stabilität beiträgt. Sie kann ein eigenes Gliedmaß sein, aber auch ein „Anhängsel“ ohne eigene Zehenknochen und Zehengelenke. Aber auch in diesem Fall sollte man sie dem Hund nicht ohne Not (infolge einer Verletzung) abnehmen.
Soll ich meinem Hund die Krallen schneiden?
Tierärztin Stephanie Rothin sieht in ihrer Praxis viele Hunde mit orthopädischen Problemen, verursacht durch zu lange Krallen. „Manche Hunde neigen dazu, sich ihre Krallen nicht selbst ablaufen zu können. Manchmal entwickeln Hunde dieses Problem auch im Alter“, erzählt die Münchnerin.
- Wann sind die Krallen zu lang?
„Als Faustregel gilt, dass die Krallen den Boden nicht berühren sollten, wenn der Hund normal steht. Zu lang sind die Krallen, sobald sie den Boden berühren. Dadurch verändert der Hund seine Fußstellung, was tatsächlich große orthopädische Probleme nach sich ziehen kann“, erklärt Rothin. Wer die Pfoten seines Hundes auf dem Asphalt klackern hört, sollte sie also schleunigst schneiden oder schneiden lassen. - Krallen selbst schneiden oder schneiden lassen?
„Im Prinzip kann man die Krallen seines Hundes selbst schneiden. Wichtig ist dabei nur das richtige Werkzeug. Wenn man unsicher ist, kann man sich das Krallenschneiden auch einmal von seiner Tierärztin oder seinem Tierarzt zeigen lassen“, rät Stephanie Rothin. - Was ist beim Krallenschneiden zu beachten?
„Zu beachten ist, dass Nerv und Blutgefäß in der Kralle mitwachsen. Das heißt, sehr lange Krallen kann man nicht mit einem Schnitt auf die richtige Länge kürzen. Hier muss man mehrmals 2-3 mm kürzen, dann ziehen sich auch Innervation und Blutversorgung wieder zurück“, so Rothin.
Wolfskralle vorsorglich entfernen: ja oder nein?
Die Wolfskralle des Hundes hat gewisse Ähnlichkeit mit dem Blinddarm des Menschen: Alle rätseln, wofür die Kralle eigentlich nützlich ist, außer dazu, Ärger zu machen. Und wie beim Blinddarm raten auch bei der Wolfskralle manche Mediziner:innen dazu, die Kralle vorsorglich zu entfernen. Stephanie Rothin hält entschieden dagegen: „Ganz klar dranlassen. Doch auch bei der Wolfskralle muss darauf geachtet werden, dass sie nicht zu lang wird. So kann man auch das Risiko einer Verletzung minimieren.“
Dranlassen gilt unabhängig davon, ob die Wolfskralle ein eigenes Gliedmaß ist oder ein Anhang ohne eigene Zehenknochen und Zehengelenke. Beide Formen sind möglich.
Wenn der Hund mit der Wolfskralle hängengeblieben ist und sich diese fast abgerissen hat, sieht die Sache anders aus. In diesem Notfall werden Tierärtz:innen die Wolfskralle meist entfernen.
Fell zwischen Zehen und Ballen schneiden: ja oder nein?
Einige vor allem langhaarige Hunde haben auch zwischen den Ballen längeres Fell. In den schneefreien Monaten sollte das keine Probleme bereiten. Allerdings können sich Fremdkörper wie Grannen, Kletten und kleine Steinchen leichter an der Pfote festsetzen und sich eintreten. Wer dem vorbeugen möchte, kürzt das Fell zwischen Zehen und Ballen. Es gibt dafür spezielle Fellscheren. Eine kleine Schere mit abgerundeten Enden tut es auch. Das Fell sollte so kurz sein, dass es nicht mehr über die Pfoten hinausragt.
Es gibt allerdings einige hochspezialisierte Rassen, die an den Pfoten eben deshalb besonders stark behaart sind, um die Füße auf steinigem Untergrund bei dauerhafter Belastung vor Verletzungen zu schützen. Manche Herdenschutzhunde wie etwa der Estrela Berghund haben sogar richtige Puschel an den Pfoten. Nachdem sich unsere Estrela-Dame Hanni eine Samenkapsel in den Ballen getreten hatte, die wir im dichten Pfotenfell nicht ertasten konnten, schnitten wir ihr zum Schutz das Fell zwischen den Pfoten kurz. Die Folge: Auf einer langen Bergwanderung lief sie sich prompt die Pfoten wund. Wir ließen das Fell in den schneefreien Monaten also einfach wachsen.
„Liegt Schnee, sollten die Haare zwischen den Ballen bei allen Hunden sehr kurz gehalten werden. Das ist insbesondere bei langhaarigen Hunden wichtig“, sagt Stephanie Rothin. Bleiben die Haare lang, setzt sich Eis darin fest und bildet Klümpchen, dann dicke Klumpen. Expert:innen sprechen hier von „Aufstollen“. Der Hund kann nicht mehr auftreten, hat Schmerzen. Im Winter steigt auch das Risiko, dass sich der Hund einen Fremdkörper eintritt, denn auf den Bürgersteigen liegt nun überall Rollsplitt.
Pfotenpflege im Winter
Genau wie unsere Füße werden auch Hundepfoten stark beansprucht – insbesondere dann, wenn du und dein Hund häufig lange Wanderungen auf anspruchsvollem Gelände unternehmt. Mit seinen natürlichen Superpfoten und Training sollte dein Hund gut damit zurechtkommen. Woran erkennst du, dass mit den Pfoten alles in Ordnung ist? Bei gesunden Hundepfoten sind die Ballen glatt, ihre Oberfläche ohne Risse.
Aber gerade in den Wintermonaten setzen Kälte, Eis, Schnee, Splitt oder gar Streusalz den Ballen besonders zu. Die Folge: Etliche Hunde haben jetzt mit sehr trockenen, rauen und rissigen Ballen zu kämpfen.
Das hilft Hundepfoten im Winter
Gegen raue und rissige Ballen
…helfen spezielle Pfotencremes, -Balsam oder -Sprays. Eine natürliche Alternative sind Kokosöl und Hirschtalk.
Vor Schneeklumpen schützen
Experten nennen es „Aufstollen“: Eis setzt sich an den Pfoten fest, bildet große Klumpen, die dem Hund schmerzen. Um das zu vermeiden, sollte das Fell an den Pfoten möglichst kurzgehalten werden und vor dem Schneespaziergang mit ordentlich Fett eingerieben werden, zum Beispiel Vaseline oder Melkfett (ohne Parfum oder weitere Zusätze). So kann Eis nicht anhaften.
Nach jedem Schneespaziergang
… Pfoten lauwarm abwaschen und so von Splitt und Salz befreien. Auf Verletzungen kontrollieren.
Pfoten trocken halten
Die Pfoten – insbesondere die Haut zwischen den Zehenzwischenräumen sollten nicht dauerhaft feucht sein. Denn das erhöht das Risiko für Entzündungen und wunde Stellen. Gegen kleinere Verletzungen an der Pfote, die der Hund immer wieder mit der Zunge bearbeitet und also ungesund feucht hält, hilft Wasserstoffperoxid. Es reinigt die Wunde von Bakterien und beschleunigt den Heilungsprozess
Sind im Winter Hundeschuhe sinnvoll?
Eis und Schnee halten Hundepfoten unter normalen Bedingungen gut aus. „Schuhe würde ich nur empfehlen, wenn ein Hund eine Verletzung oder ein anderes akutes Problem mit einer oder mehreren Pfoten hat. Oder natürlich bei extremen Anforderungen, wie einem Schlittenhunderennen oder ähnlichem“, erklärt Stephanie Rothin.
Häufige Verletzungen an den Pfoten
Wenn sich dein Hund unterwegs an den Pfoten verletzt, kannst du ihm mit einem Pfotenverband wieder soweit auf die Beine bringen, bis ihr daheim oder beim Arzt seid. Mehr dazu erfährst du hier.
Stich- und Schnittverletzungen
- Sie gehören sicher zu den häufigsten Verletzungen an den Pfoten deines Hundes. Der Hund tritt in eine Scherbe, ein scharfes Stück Metall, irgendeinen Müll mit scharfen Kanten, der achtlos weggeworfen wurde. Du erkennst es leicht, weil dein Hund plötzlich an der Pfote leckt und humpelt. In diesem Fall solltest du die Pfoten genau absuchen und den Fremdkörper herausziehen. Blutet die Wunde nur leicht, reicht es meist aus, wenn du den Hund nach Hause bringst und die Wunde desinfizierst. Wir schwören hier auf die schmerzlose Behandlung mit Wasserstoffperoxyd, auch wenn wir uns selbst verletzt haben. Wenn die Lösung nicht mehr aufschäumt, ist die Wunde sauber.
- Daheim solltest du dir die Pfote auf jeden Fall noch mal genau anschauen, auch eine Taschenlampe zu Hilfe nehmen und die Haare um die Ballen zurückschneiden. Bedecke die Wunde nach der Desinfektion mit einem sauberen Stück Gaze oder einem sauberen Tuch, das nicht fusselt, und fixiere den Stoff mit einem Verband. Gönn deinem Hund in den nächsten Tagen Schonung, bei offenen Wunden auch einen Pfotenschuh.
- Blutet die Wunde stark, solltest du ihn sofort in eine Tierarztpraxis bringen.
Warum leckt mein Hund dauerhaft eine Pfote oder alle Pfoten?
Wenn sich dein Hund dauerhaft eine Pfote oder sogar alle Pfoten leckt, kann das ganz unterschiedliche Ursachen haben. Für alle Fälle gilt aber: Wenn es nicht aufhört, solltet ihr zur Tierärztin oder zum Tierarzt gehen. Denn durch den Speichel des Hundes können sich sich die betroffenen Hautpartien rasch entzünden. So genannte Hotspots bilden sich. In manchen Fällen deutet dauerhaftes Lecken auch auf eine Erkrankung hin, die nur mittelbar mit den Pfoten zu tun hat, wie etwa rheumatische Beschwerden.
Fremdkörper eingetreten
Dein Hund hat sich eine Granne in den Haaren zwischen den Ballen eingefangen, womöglich einen Splitter im Ballen, den du übersehen hast. Noch mal genau mit Taschenlampe hinschauen.
Krallenbruch
Dein Hund bleibt irgendwo hängen, bricht sich die Kralle oder reißt sie sich sogar ganz ab. Meist bluten diese Wunden kaum, es fällt dir also nicht immer sofort auf. Dennoch hat dein Hund Schmerzen. Lecken ist für ihn die einzige Möglichkeit, sich Linderung zu verschaffen.
Kontaktallergien
Tiermediziner:innen schätzen, dass etwa jeder 5. Hund an einer Allergie leidet. Viele Auslöser kommen bei einer Kontaktallergie in Frage, vom Putzmittel, das du in deiner Wohnung verwendest, bis zum Rückstand vom Waschmittel, mit dem du die Hundedecke gewaschen hast. Immer mehr Hunde leiden an einer Pollenallergie, der atopischen Dermatitis. In Frühling und Frühsommer bilden sich juckende Hautstellen, Quaddeln und Pusteln insbesondere an den Pfoten.
Insektenstich
Hier gilt dasselbe wie bei der Stich- und Schnittverletzung. So ein Bienen- oder Wespenstachel ist allerdings meist nur bei starkem Licht mit der Lupe zu finden. Und bis das Gift raus und die Beule abgeschwollen ist, dauert es eine Weile. In der Regel kein Problem, wenn der Hund nicht allergisch ist.
Seelische Traumata, beispielsweise Trauer
Etliche Hunde reagieren auf seelische Erschütterungen mit dauerhaftem Pfotenlecken, weil sie keine Möglichkeit haben, sich selbst zu helfen. Zum Beispiel Lucy. Die Bordermix-Dame, ein klassischer Einpersonen-Hund, bliebt nach dem Tod ihres Frauchens in der Tierpension sitzen. Nach einigen Wochen der Apathie begann sie, alle vier Pfoten zu lecken, bis diese offen und blutig waren. Eine Freundin nahmen Lucy auf und vermittelte sie schließlich in ein liebevolles neues Zuhause. Schon nach wenigen Tagen bei unserer Freundin hatte Lucy mit dem Pfotenlecken einfach aufgehört.
Hundepfoten sind auch Sinnesorgane
Neben der reinen Fortbewegung dienen Hundefüße auch als wichtiges Sinnesorgan. Über die Pfoten erfährt der Hund viel über seine Umgebung und in welcher Situation er sich gerade befindet. Zum Beispiel, ob er sich auf schwankendem Grund bewegt und also aufmerksamer sein muss oder auch wie kalt es wirklich ist.
Darüber hinaus hinterlässt ein Hund über die Schweißdrüsen in seinen Pfoten mit jedem Schritt seine persönliche Duftmarke.
Die Expertin
Für diesen Artikel haben wir mit Tierärztin Dr. Stephanie Rothin gesprochen
Dr. Stephanie Rothin ist Tierärztin aus München. Nach Examen und Promotion hat sie sich intensiv mit integrativen Therapiemöglichkeiten beschäftigt. Durch ihr Studium und ihre ergänzende Ausbildung an der International Academy of Veterinary Chiropractic ist sie spezialisiert auf Erkrankungen des Bewegungsapparats und deren schonende Behandlung.